10 Tipps für ein richtig gutes erstes Kapitel

Hallo liebe lesende Person, 
ich eröffne Dir heute eine harte Wahrheit: Der Einstieg in ein Buch ist extrem wichtig, aber Du wirst niemanden mit dem ersten Satz so fesseln, dass sie alles stehen und liegen lassen, nur um Dein Buch zu lesen.
Ich verstehe diesen Druck, diesen selbstgesetzten Anspruch, den perfekten ersten Satz zu schreiben. Man hört es auch immer wieder in vermeintlich sinnvollen Schreibtipps: „Wenn der erste Satz nicht der interessanteste Satz in deinem Buch ist, werden die Leser die Flucht ergreifen“. 
Das ist SCHWACHSINN. Ein toller erster Satz ist super und ich sammle gute erste Sätze (Because I am a nerd), aber wichtiger als der erste Satz ist das erste Kapitel!

Mein Tipp an dich ist: Sorge dafür, dass auf der ersten Seite und dem ersten Kapitel etwas Interessantes und Eindrucksvolles passiert.

Nummer eins: Keep it simple. Wenn Dein erster Satz eine überzogene Metapher oder ein holpriges Gleichnis ist, wirkst Du wahrscheinlich maximal prätentiös und nicht sonderlich sympathisch. Lass die Leser erstmal in deiner Geschichte ankommen, bevor du extrem komplizierte Satzgebilde baust. Verstehe mich nicht falsch, ich liebe kreativen Umgang mit Sprache, aber ich möchte auch verstehen, was ich lese.

Nummer zwei: Die häufigste Frage, die mir zum Schreiben generell gestellt wird, lautet: „Marieeee, ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.“ Mein Tipp: beginn am Anfang, aber erst dann, wenn es interessant wird. In der Literaturwissenschaft kennt man den „In medias res“ Beginn – man springt ohne Vorgeschichte in die Handlung. Die Vorgeschichte kann in Rückblenden erzählt werden, dann wenn die Lesenden diese Informationen brauchen. Nichts schreckt, meiner bescheidenen Meinung nach, mehr von einem Buch ab, als ein reines „Info-Dump“ Kapitel direkt zu Beginn. 

Schauen wir uns mal eine ganz bekannte Geschichte an: Rotkäppchen. Beginnt dieses Märchen mit einer Geschichte über die Abstammung des Wolfes oder der schwierigen Kindheit des Jägers? Beginnt sie damit, dass Rotkäppchen in der Schule ist, Hausaufgaben macht oder den Kuchen für ihre Oma backt? Nein, sie beginnt damit, dass Rotkäppchen ihr Zuhause verlässt und der Wolf, der alte Stalker, einem jungen Mädchen nachstellt. Alles, was davor passiert ist, interessiert niemanden, weil es für die Geschichte nicht relevant ist. 

Ja, natürlich kann man da immer etwas spielen. Ich mag diese klassischen Vorausschauen in Prologen. Hier ein Beispiel von Magret Atwood aus ihrer Masterclass: „Es war Dunkel im Inneren des Wolfes. Wie war sie nur dahin gekommen?“ Danach springt man dann an den Beginn der Handlung. So ähnlich habe ich auch „Die Apokalypse ist nicht das Ende der Welt“ begonnen. Keine Sorge – zu Prologen komme ich gleich noch.

Nummer drei: Stelle die Hauptfigur vor, direkt im ersten Kapitel. „Aber Marieeee, mein erstes Kapitel folgt dem Bösewicht.“ Das klingt, als hättest du einen Prolog geschrieben. „Aber Marieee, mein erstes Kapitel beginnt hunderte von Jahren, bevor der Protagonist geboren wurde“. Das klingt, als hättest du definitiv einen Prolog geschrieben. „Aber Marieeee, ich habe fünf Protagonisten!“ Dann sollte das erste Kapitel mindestens einem von ihnen folgen. Wen auch immer du in den Mittelpunkt deines ersten Kapitels stellst, in diese Figur werden sich die Leser hineinversetzen. Wenn sie einer zufälligen Figur folgen und dann im zweiten Kapitel zum Protagonisten überzugehen, ist das frustrierend.

Nummer vier: Ein Prolog ist KEIN erstes Kapitel! Was ist also der Unterschied. Ein Prolog nimmt eine Perspektive ein oder spielt in einer Zeit, die später nicht mehr gezeigt wird. Ein Prolog kann einen besonderen Moment im späteren Verlauf der Geschichte zeigen oder wichtige Exposition geben. Die Geschichte wie die …

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